Für den Erwerb des Schweizer Bürgerrechtes gelten in der Schweiz je nach Kanton und Gemeinden unterschiedliche Bedingungen. Ein Artikel im Bund vor einigen Monaten hat schon gezeigt, dass das Einbürgerungsverfahren immer noch erstaunlich schikanös sein kann. Ich habe aber trotzdem gestaunt, als ich heute erfahren habe, dass ein Einbürgerungsverfahren in der Stadt Bern anscheinend immer noch etwa drei Jahre dauert, was für Einbürgerungswillige bedeutet, dass sie während diesen drei Jahren nicht in eine andere Gemeinde zügeln dürfen, und dass immer noch ein Referenzschreiben von Schweizer Bürgern verlangt werden (und das dürfen nur gebürtige Schweizerinnen oder Schweizer sein!!), obwohl die Integration ja heute mit Sprach- und Einbürgerungstests festgestellt wird.
Ich habe mich dann im Internet auf die Suche gemacht, weshalb verschiedene Gemeinden immer noch Referenzen verlangen, obwohl in der kantonalen Wegleitung der POM vom Mai 2013 zum Einbürgerungsverfahren nicht davon die Rede ist. Auf verschiedenen Internetseiten (darunter Städte und Gemeinden wie Bern, Biel, Ostermundigen oder Nidau) bin ich dabei auf folgende Anforderungliste an die Eignung für die Einbürgerung gestossen:
Eignung
Eingebürgert werden kann nur, wer
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in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist
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mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist
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die schweizerische Rechtsordnung beachtet
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den privaten und öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nachkommt und einen guten Ruf geniesst
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die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet
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sich über die Verständigungsfähigkeit in Deutsch ausweisen kann
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eine Sprachstandanalyse auf dem Sprachniveau A2 in Deutsch bestanden hat
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einen Einbürgerungstest bestanden hat
Andere Gemeinden haben kürzere Listen und ich habe deshalb vermutet, dass die Referenzen mit dem Kriterium „guten Ruf“ zusammenhängen und ein Merkblatt zur Einbürgerung der Stadt Nidau bestätigt dies. Dort steht „Die Gesuchstellenden geniessen einen „guten Ruf“. Sie erklären sich dazu bereit, dass auf Verlangen bei 2-3 Referenzpersonen (müssen Schweizer sein) schriftliche Auskünfte eingeholt werden können“. Bloss, gibt es für diese Schikane auch eine rechtliche Grundlage oder handelt es sich um kommunale Willkür? Auf der Internetseite der JGK ist glücklicherweise noch eine alte kantonale Wegleitung zum Einbürgerungsverfahren aus dem Jahr 2009 aufgeschaltet, welche auch die Artikel der kantonalen Verordnung vom 1. März 2006 über das Einbürgerungsverfahren kommentiert. Darin steht zu Artikel 13:
Absatz 1 Buchstabe c spricht bei den Voraussetzungen nur noch von der Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung. Die Erfüllung von öffentlichen und privaten Pflichten, da deckungsgleich mit der Beachtung der schweizerischen Rechtsordnung, wurde gestrichen. Ebenso wurde das Geniessen eines guten Rufes gestrichen. Diese Voraussetzung ist in der Praxis nicht begründbar und somit als Entscheidkriterium nicht
tauglich.
Ich bin ja nicht Jurist, aber für mich scheint klar, dass die Gemeinden im Kanton Bern für das Einholen von Referenzen zwecks Überprüfung des guten Rufs keine gesetzliche Grundlage mehr haben und sie vielleicht aus peinlicher Unkenntnis an etwas festhalten, was im Kanton Bern vor bald 10 Jahren abgeschafft wurde.