Vor einigen Jahren konnte ich im Rahmen eines Fraktionsausfluges der Grossratsfraktion der SP das Frauengefängnis Hindelbank besuchen. Es war ein höchst interessanter Anlass und nicht nur die schönen Räume des Schlosses sondern auch die engen Gefängniszellen werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Nun hat der Regierungsrat heute entschieden, dass der Standort Hindelbank mittelfristig aufgegeben und das Frauengefängnis nach Witzwil verlegt werden soll. Im ersten Augenblick hat mich die Mitteilung fast etwas geschockt, nach dem Lesen der Medienmitteilung kann ich den Beschluss des Regierungsrates aber nachvollziehen. Der neue Standort Witzwil scheint in der Tat grosse finanzielle und organisatorische Vorteile im Vergleich zu einer Renovation der Gebäude am Standort Hindelbank zu bieten.
Medienmitteilung des Regierungsrat vom 28. März 2012
Anstalten Hindelbank: Als Ersatz für die Anstalten Hindelbank soll bei den Anstalten Witzwil eine neue Justizvollzugsanstalt für Frauen geplant werden. Der Regierungsrat des Kantons Bern hat einen entsprechenden Richtungsentscheid gefällt und die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (BVE) mit den entsprechenden Projektarbeiten beauftragt.
In den Anstalten Hindelbank steht kurz- und mittelfristig der Ersatz zahlreicher Gebäude aus den 60-er Jahren an. Eine Zustandsanalyse zeigt baulich bedingte Sicherheitsmängel auf. Der Unterhaltsbedarf steigt laufend. Ein Neubau am bisherigen Standort Hindelbank hätte grundlegende Nachteile zur Folge durch die engen Raum- und Landverhältnisse, das Bauen unter laufendem Betrieb während rund zehn Jahren und die fehlenden Erweiterungsmöglichkeiten an den künftigen Bedarf. Zudem können bei Ersatzneubauten vor Ort auf Grund der bestehenden Einschränkungen (Einbezug Schloss, enge räumliche Situation, notwendige Etappierung) nicht die maximalen Bundessubventionen erreicht werden.
Eine Alternative zu den Ersatzneubauten der Anstalten in Hindelbank ist ein Neubau «auf der grünen Wiese» bei den Anstalten Witzwil auf einem Grundstück, das dem Kanton gehört. Die erforderliche Investition liegt in der gleichen Grössenordnung wie bei Ersatzneubauten in Hindelbank. Diese Lösung – von den Subventionsbehörden eindeutig favorisiert – erlaubt die Organisation einer betrieblich und baulich optimalen funktionalen Anstalt, deren Platzangebot bei Bedarf erweitert werden kann. Zudem garantiert sie eine höhere Kosten- und Betriebssicherheit sowie tiefere Betriebskosten. Mit einem Neubau an einem neuen Standort können der laufende Betrieb unbeeinträchtigt weitergeführt und das Vollzugsangebot für Frauen mit 107 Plätzen im Konkordat der Nordwest- und Innerschweiz während der ganzen Bauzeit unverändert aufrecht erhalten werden. Deshalb hat der Regierungsrat entschieden, die Justizvollzugsanstalt für Frauen künftig im Seeland anzusiedeln. Er hat die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion (BVE) mit den entsprechenden Projektplanungsarbeiten für einen Neubau bei den Anstalten Witzwil beauftragt. Das repräsentative Schloss Hindelbank – ein Denkmal von nationaler Bedeutung – soll erhalten bleiben und kann einer weiteren Nutzung in anderer Form zugänglich gemacht werden. Entsprechende Szenarien dazu werden im Rahmen der Projektplanung zu erarbeiten sein.
Damit hat der Regierungsrat erst den Grundsatz für einen neuen Standort der einzigen Justizvollzugsanstalt für Frauen in der deutschsprachigen Schweiz gefällt. Der genaue Investitionsbedarf sowie der konkrete Standort müssen nun im Rahmen der Projektplanung abgeklärt werden. Weiter sind Anhörungen mit den betroffenen Standortgemeinden einzuplanen. Nach wie vor gibt es viele Unklarheiten, die auf Projektstufe bereinigt werden müssen. Zudem werden alle weiteren relevanten Entscheide durch die zuständigen politischen Gremien gefällt werden müssen. Der Regierungsrat ist jedoch überzeugt, dass mit dem Entscheid für einen neuen Standort die Betriebs- und Unterhaltskosten deutlich optimiert werden können und er die Weichen in Richtung eines effizienteren Justizvollzugs mit Synergie- und Entwicklungspotential in Koordination mit anderen bestehenden Einrichtungen des Freiheitsentzugs gestellt hat.