Bei den Grossratswahlen gibt es wieder eine neue Einteilung der Wahlkreise. Während Jahrzehnten war Köniz Bestandteil des Wahlkreises Bern-Land, welcher die Gemeinden rund um die Stadt Bern umfasste. Bei den Wahlen 2006 wurde dieser Wahlkreis mit den Wahlkreisen Laupen, Schwarzenburg und Seftigen zusammengelegt. 2010 fällt das Gebiet des ehemaligen Amtes Laupen wieder weg, dafür stossen Münsingen und Konolfingen mit den umgebenden Gemeinden zum neuen Wahlkreis Mittelland Süd dazu. Als ich meinen neuen Wahlkreis auf der Karte studierte, fiel mir vor allem auf, wie zahlreich und wie klein die Gemeinden im Gürbetal, Aaretal und Kiesental sind. Sind es auf der westlichen Hälfte des Wahlkreises gerade mal 7 Gemeinden, teilen sich 45 Gemeinden in die östliche Hälfte.
Ohne die Fusionen von Ober- und Niederwichtrach zu Wichtrach, Zimmerwald und Englisberg, Rüti und Riggisberg und per 1.1.2010 Aeschlen mit Oberdiessbach, würde Mittelland Süd sogar noch vier Gemeinden mehr umfassen. Ich glaube zwar nicht, dass man mit den Gemeindefusionen viel Geld bei der Gemeindeverwaltung sparen kann, ich bin aber sicher, dass die Verwaltung in grösseren Gemeinden professioneller ist und bei gleichen Kosten pro Kopf eine besseren Service public bieten kann. Ein Beispiel sind zum Beispiel die kostspieligen Schwimm- und Hallenbädern, die ja nicht nur von den Einwohnern der Standortgemeinde (zum Beispiel Grosshöchstetten) sondern auch von den Einwohnern der umliegenden Gemeinden genutzt werden, und deshalb sinnvollerweise auch gemeinsam finanziert werden. Ein wichtiger Vorteil von flächenmässig grossen Gemeinden ist auch die Raumplanung. Anstatt dass jede Gemeinde zur Sicherung der Steuereinnahmen zu wachsen versucht, und ein Siedlungsbrei mit entsprechenden Verkehrsproblemen entsteht, kann eine grosse Gemeinde, dass Waschstum an bereits gut erschlossenen Lagen konzentrieren und so auch Investionskosten sparen.
Angesichts der kurzen Distanzen und der immer noch kleinen Anzahl Einwohner der fusionierten Gemeinden ist auch kein wesentlicher Demokratieverlust zu befürchten. Bei einem Rundgang mit dem Stadtwanderer habe ich vor zwei Jahren allerdings gelernt, dass ein wesentlich Grund für die grosse Anzahl der Gemeinden im Kanton Bern ist, dass die Liberalen nach der „Revolution“ 1831 im Kanton Bern mit der Dezentralisierung der Macht verhindern wollten, dass die Berner Patrizier die Macht wieder zurück erobern konnten. Ein interessanter Aspekt, der mich die Gemeindefusionen etwas kritischer anschauen lässt. Trotzdem, wenn man weiss, dass der Kanton Bern 2010 immer noch 388 Gemeinden (Artikel Bund) haben wird, während es im einwohnermässig 11 Mal grösseren und flächmässig 75 Mal grösseren Schweden nicht einmal mehr 290 Gemeinden sind, so ist das Potential für weitere Gemeindefusionen immer noch gross. Denkbar wäre im Gebiet Mittelland Süd zum Beispiel eine Reduktion auf sechs Gemeinden entlang der wichtigsten Verkehrswege, welche mittels der Fusion der Gemeinden im Kiesental, Aaretal, Gürbetal, auf dem Längenberg, Schwarzenburg (Wahlern) mit Albligen und Guggisberg sowie Köniz mit Oberbalm, erreicht werden könnte.
hej harald
danke für den bezug zur stadtwanderung. in der tat darf man diesen zusammenhang nicht vergessen. denn die abwehr des städtischen herrschaftssystems mit landvögten resp. des kirchlichen mit pfarrherren steckt hinter den vielen gemeinden im kanton bern.
der verweis mit schweden – oder genereller dem norden – ist interessant, darf aber eines nicht übersehen. die bevölkerungsdichte im norden ist massiv geringer als im mittelland. nördlich der linie oslo, stockholm, helsinki leben etwa 10 mal weniger menschen pro quadratkilometer als in der schweiz.
ausgehend von dänemark (noch 90 kommunen) ist die ganze organisation vor ort umgekrempelt worden. in schweden ist der prozess noch im ganz, aber schon weit forgeschritten. die kommun als kleinste verwaltungseinheit entspricht kaum unseren gemeinden, die sich ja an der existenz eine siedlung ausrichtet. vielmehr ist es da ziel der schwedischen kommunen 30’000 einwohnerInnen zu haben, den grössten ort zum zentrum der staatlichen verwaltung zu machen, während alles rund herum unselbständig wird. das ist für orte von 3-5 tausend einwohnerInnen recht drastisch, für solche mit 500 aber von vorteil, und in den weilern ohne siedlungskern meist gar nicht anders möglich.
im ganzen norden hat man, um die distanzen zur verwaltung zu verringern, die verbreitung von internet massiv gefördert. egovernment gilt im lokalen schon längst, und auch post, bank und ähnliches funktionieren so (etwas) ortsunabhängig.
von dieser art und weise der zentralisierung sind wir in bern noch sehr weit entfernt. würde man dazu übergehen wollen, würde man, als gedankenspiel, wohl alle gemeinden aufheben müssen, die amtsbezirke zu kommunen machen und gemeinden mit 10000 einwohnerInnen zu ihren kernen erheben.
Was die Kompentenzen und Aufgaben angeht, sind die schwedischen Gemeinden schon mit den Schweizer Gemeinden vergleichbar. Vor allem können sie auch selbständig Steuern erheben und haben unterschiedliche Steuersätze. Zugegeben der Vergleich mit der Fläche hinkt, aber auch in Südschweden bestehen die meisten Gemeinden nicht nur aus einem Zentralort sondern meistens auch aus einem riesigen Hinterland.
Die früheren Amtsbezirke als Grundlage für eine grössere Gemeindefusion zu nehmen, finde ich nur teilweise richtig, zum Beispiel im Fall Schwarzenburg. Im Fall von Seftigen und Konolfingen, sollten auch die Verkehrswege der Leute berücksichtitgt werden, weshalb ich mir dort eher eine Zweiteilung der früheren Amtsbezirke vorstelle.
Im Wahlkreis Mittelland Süd haben heute nur folgende Gemeinden mehr als 3000 Einwohner: Belp, Grosshöchstetten, Konolfingen, Kehrsatz, Köniz, Münsingen, Wahlern und Wichtrach.