Lehren ziehen aus der Geschichte – das Knabenheim auf der Grube bei Niederwangen

(Last Updated On: August 7, 2013)

Vergangenen Freitag war ich an der Vernissage zum Buch „Gruebe“, welches die Geschichte des Knabenheims „Auf der Grube“ von seinen Anfängen als „Rettungsanstalt“ bis zu seinem Ende als „Schulheim Ried“ erzählt. Sowohl die Lesungen und Diskussionen an der Vernissage als auch die Lektüre des Buches, vor allem die Chronik von Fredy Lerch, waren hoch interessant.

Landguet Ried bei Niederwangen

heutiges Landguet Ried bei Niederwangen

Eine wichtige Frage ist, weshalb der Kanton seine Oberaufsicht während der 2. Ära Bürgi nicht besser wahrgenommen hat, vor allem auch  nachdem das Bundesamt für Justiz die Subventionen gestrichen hat. Mal abgesehen davon, dass auch in der kantonalen Verwaltung Menschen arbeiten, die ihre eigenen Werte und Scheuklappen haben, und es für Aussenstehende sehr schwierig ist hinter die Kulissen zu sehen, hat das meiner Meinung nach schlicht damit zu tun, dass der Kanton aber vor allem die Verantwortlichen in den Gemeinden einfach froh waren, wenn ein Platz für einen Knaben zur Verfügung stand. Heute haben wir ja ein ähnliches Problem bei Alters- und Pflegeheimen. Auch dort sind die Plätze knapp und wenn sich nicht Angehörige wehren, haben demente Menschen ja keine Chancen sich zu wehren. Das von der Stiftung „Familien Support Bern West“ , der Nachfolgeorganisation des Schulheims Ried, eingeführte Rotationsprinzip im Stiftungsrat erscheint mir deshalb ein sehr wichtiges  Element zu sein, damit in solchen Institutionen immer wieder neue Leute einen Blick hinter die Kulissen werfen und Bisheriges in Frage stellen können. Eine gute Kontrolle kann nur intern geschehen. Auf den Kanton darf man sich diesbezüglich nicht verlassen, denn die Verwaltung ist vom Geschehen zu weit weg und kann eigentlich nur bei Beschwerden gut reagieren. Wichtig ist aber auch, dass die öffentliche Hand genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, damit eine gute Betreuung auch tatsächlich möglich ist, und die öffentlich Hand nicht einfach aus Geldmangel bewusst weg schaut.

Ein anderer wichtiger Grund war sicher auch die Isolation der Knaben im abgelegenen Heim, wo sie nicht nur wohnten sondern auch zur Schule und Arbeit  gingen und den Grossteil der „Freizeit“ verbrachten. Ich bin zwar selber in Köniz aufgewachsen, aber von der „Gruebe“ habe ich sozusagen nichts mitgekriegt. Selbst vom Schulheim Landorf , das ja unmittelbar neben meiner eigenen Schule liegt, und seinen Bewohnern habe ich nicht viel gemerkt. Dasselbe mit dem Heim in Erlach, wo ich jahrelang die Sommerferien verbrachte. Wegen der Absonderung dieser Kinder und Jugendlichen weiss man meistens gar nicht, weshalb diese in diesen Heimen sind und sie werden mit irgendwelchen Vorurteilen stigmatisiert. Auch deshalb ist es sinnvoll, dass der Standort „auf der Grube“ aufgeben wurde, und heute eine dezentralere Betreuung geschieht, wenn es nicht möglich ist, dass die Kinder in der Familie bleiben können, was ja heute erste Priorität hat.

Die Verantwortlichen des Knabenheims auf der Grube haben leider zu Lasten der Knaben all zu lange an einem veralteten System festgehalten und dieses erst noch mit einer Kasernenmentalität zusätzlich pervertiert. Ich finde es gut, dass die neue Stiftung mit dem Buch „Gruebe“ die Geschichte des Heimes kritisch aufgearbeitet hat, damit diese nicht einfach der Vergessenheit anheimfällt und verdrängt wird, und ich bin nach dem am Freitag gehörten sicher, dass heute das Wohl der Kinder im Zentrum steht, und ich bin zuvversichtlich, dass der Neustart gelingen wird.

> www.aufdergrube.ch
> Familien Support Bern West

10 Kommentare

  1. Andreas Zimmerli

    Die grube hat hat mein Leben zerstört! War 9 Jahre dort und habe gearbeitet bis mein Rücken kaput war und alles wurde akzeptiert von meinem Vormund und allen. . Niemand wollte mit mir darüber sprechen, habe alles über Schweiz aktuel erfahren!

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    1. Fredy Alban

      Hallo Andreas
      Ich war in der gleichen Zeit auf der Grube. Es tut mir sehr Leid, was dir widerfahren ist. Ich kann bestätigen, dass der Lehrer BJ regelmässig Jungs züchtigte und das vom Heimleiter-Ehepaar Bürgi darüber hinweg geschaut wurde! (Daniel Hänni wurde von BJ in der Bibliothek den nackten Hintern mit dem Bambusstab versohlt und die ganze Klasse musste das mit anhören)
      Ich wünsche Dir für die Zukunft alles Gute und noch ein schönes Leben.- @ Herr Jenk: Schade, dass Sie nicht den Mut haben, den Namen des Lehrers stehen zu lassen, jeder wusste, dass da einiges nicht sauber war…Leider ist auch hier der Schutz des Täters wieder einmal wichtiger, als der derjenige der Opfer. Niemand hat das Recht ihm anvertraute Kinder zu schlagen und sexuel auszubeuten, schon gar nicht, wenn für diese Kinder noch jeden Monat viel Geld bezahlt wird, damit sie behütet aufwachsen können! Das ganze war eine Schande. Jeder sollte für diese Zeit eine Entschädigung als Zeichen einer Entschuldigung erhalten!

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      1. Hene Kräuchi

        Sälü Fredy
        es freut mich, dass ich von dir hier lesen kann. Schade warst du nicht an der Buchvernissage. Glaube mir, wir sassen da noch lange, ehemalige Zöglinge und sogar ehemalige MitarbeiterInnen, und wir diskutierten darüber, wie wir dem B. J. eins auswischen können. Wir haben die Sache sogar mit Juristen angeschaut. Die Sache ist nach Gesetz verjährt und der Lehrer darf nicht öffentlich genannt werden, weil es sich nicht wie bei einem Heimleiter um eine öffentliche Person handelt.
        Nur, wer es wissen will, lese in den Jahresberichten und weiss, dass es sich um einen eben in Bern pensionierten Heilpädagogen handelt.
        Es liegt also nicht an Harald Jenk, oder an dessen Mut, nein. Wir können froh sein, dass wir jetzt, nach so vielen Jahren angehört und ernst genommen werden. Das sah nach dem Brand 2002 noch etwas anders aus.
        Dir herzliche Grüsse
        Hene Kräuchi

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  2. Andreas Zimmerli

    Wurde sexuell misshandelt und unter duck gesetzt von meinem Lehrer Herr (Name gelöscht durch Administrator). Doch niemand hat mir geholfen und alle standen in diesem Heim immer zusammen und haben mit Strafarbeiten immer für Kontrolle gesorgt! Es war schlimm und ich wünsche dass niemanden!!!

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  3. Harald Jenk

    Sehr geehrter Herr Zimmerli
    Danke für ihren Kommentar. Den Namen des Lehrers habe ich allerdings gelöscht, da es sehr heikel ist, solche Beschuldigungen vie Internet zu erheben. Ich bitte Sie dafür um Verständnis.
    Es tut mir leid, was ihnen passiert ist. Vermutlich ist die von ihnen beschriebene Misshandlung verjährt, aber am besten klären sie das mit einer Opferberatungsstelle ab.
    Freundliche Grüsse
    Harald Jenk

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  4. Pit

    Guten Tag Herr Jenk, besten Dank für diesen Bericht zur Gruebe.

    Ich war auch 4 Jahre in diesem Knabenheim auf der Grube. Diese 4 Jahre waren nicht gerade sehr schön oder toll. Nein, sie waren ganz und gar nicht toll. Was man dort oben als Kind erlebte war nicht so, dass man es noch einmal erleben möchte. Es war alles andere als gut. Hat an nicht gespurt nach dem Willen der Heimleiter oder des Lehrers konnte man sicher sein, dass eine Strafe folgte. Das arbeiten auf dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörte ebenso dazu wie die Schule. Man war stehts darauf bedacht, dass ja nichts negatives nach draussen getragen wird oder gar dringt. Bei Besuchsanlässen, mussten wir alle immer schön brav sein. Immer freundlich, immer höflich. So dass niemand etwas ahnen konnte was hinter diesen Mauern eigentlich geschah. Und sollte gleichwohl mal etwas nach draussen gelangen so wurde gleich gedroht und Strafen abgesetzt. Man konnte sicher sein, dass das was draussen gesagt wurde, umgehend gemeldet wurde. Dies durfte ich selbst mal erleben.

    Ich selbst hatte ein Beistand und eine Fürsorgerin und die wurden mal über einen Vorfall den ich „zu Hause“ gemeldet hatte informiert. Resultat war, dass alle am runden Tisch im sogenannten Fernsehzimmer versammelt waren. Also Fürsorgerin, Beistand, Mutter, Heimleiter und auch der Lehrer. Was sie damals vor allen diesen Leuten sagten war: „Ich hätte nach diesem Vorfall ganz ruhig zu ihnen kommen dürfen und dies melden.“ Als alle fort waren haben sie das ganz umgedreht und ich erhielt eine Strafe, was für eine weiss ich nicht mehr. Aber die psychische Strafe kam dann noch. Einer wurde fast des Heimes verwiesen, weil er es wagte die Missstände draussen zu melden. Auch er wurde von diesem Moment an gemieden von den Lehrern und den Heimleiterehepaar. Tja, es gäbe sicher noch viel zu erzählen. Ich setzt da mal einen Link ein über das was ich geschrieben habe.

    http://www.forum-politik.at/t3984-erinnerung-an-die-kindheit?highlight=Erinnerungen+an+die+Kindheit

    Und die Behörden haben sicher nichts bemerkt, weil ihnen immer nur das aller Beste vorgekaukelt wurde. Im Jahre 2002 wurde viel Publik was sich eigentlich dort oben so alles abspielte. Leider auf Kosten des neuen Heimleiter Ehepaares Hofer. Es ist nur rechtens, dass sie dieser Vorwürfe die damals gegen Sie liefen alle nicht stimmten und sie rehabilitiert wurden. Leider wurden sie von der gleichen Behörde dann im Stich gelassen. Ich habe das Ehepaar Hofer kennen gelernt und war sehr beeindruckt was sie in dieser kurzen Zeit alles erreichen konnten.

    Auch die Reaktion von Herr Bhend war alles andere als gut. Anlässlich eines Termins mit dem Schweizer Fernsehen lernte ich diesen Herr kennen. Er sprach damal zu mir: „Ich war ja selbst mal lehrer und auch in diesen Jahren. Es war damals ganz normal, dass Lehrer den Schülern mal eine Ohrfeige oder ein Haareziehen verpassten.“ Darauf antwortete ich: „Finden sie es denn normal, wenn ein Lehrer mit beiden Händen auf den Schüler einschlägt und mit beiden Händen an den Haaren herumzieht, dass das Pult schräg und einen Meter von seinem Platz steht? Ich denke auch für damalige Zeiten war das nicht normal.“ Sein Kommentar dazu vergesse ich nicht. Sie war schlicht und einfach zum davon laufen und das im warsten Sinne des Wortes. Er drehte sich einfach um und lief weg und wiedmete sich dem Geschäftsführer der Gesundheits- und Fürsorgedirektion zuständig für das Heimwesen. Das wars dann. Nun gut, ich kann ihn verstehen, er war ja schliesslich Politiker und die hören die Wahrheit nicht gerne.

    Wie gesagt den Kommentar von Ihnen ist sehr gut. Sie haben den wunden Punkt getroffen und das ist gut so.

    Und es ist nun auch gut so, dass es dieses Heim nicht mehr gibt und es verkauft wurde.

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  5. Berg Helmut R.

    In der Aera Paul Bürgi waren Knaben unterschiedlichster Herkunft auf der Grube.
    Ich war von 1961 bis 1966 dort. Besuchte während 5 Jahren die Sek. Köniz.
    Paul Bürgi war bemüht, mich dorthin zu bringen. Natürlich war die personelle Zusammensetzung der Bediensteten nicht ideal. Jeder Schüler der sich bemühte wurde jedoch gefördert. Korrektes Verhalten wurde belohnt. Ich durfte an Klassen-Fez-Anlässen teilnehmen und auch mals im damaligen Wankdorf ein Nachtspiel ansehen, mal sonntags zum Match usw. Ich hatte eine gute, lehrreiche Zeit auf der Grube verlebt die ich nicht missen möchte. Wohl mancher, der in der „eigenen“ Familie erwachsen wurde hatte nicht unbedingt ein schöneres Leben als ich es auf der Grube verbringen durfte. Mit meinen Anliegen bin ich i.d. Regel auf offene Ohren gestossen. Meine Idee, sich mit den Landorf-Jungs nicht zu keilen, sondern sich mit Ihnen sportlich zu messen, die wurde umgesetzt. Unter gleichen Voraussetzungen würde ich gerne die Jugendzeit auf der Grube verbringen.
    Viele Jungs waren – in der Regel geistig – limitiert. Dafür können sie nichts.
    Unvermögen löst vielfach Frust aus. Viele meiner damaligen Kameraden haben eine gute Zeit verbracht. Das muss einfach mal erwähnt sein.

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    1. Inäbnit Beat

      Hallo Helmut
      Lang lang ists her. Schln hab ich von dir gelesen. Magst du dich wohl noch an mich erinnern ?
      Bin gespannt was du zurückschreibst.
      lieber Gruss Beat Inäbnit
      Arlesheimerstr. 14
      4053 Basel
      078/3982179

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  6. Hanspeter Flueckiger

    Bin ein „gruebebub“ gewesen von 1955 bis 1965. Auf die Grube bin ich gekommen als einer der juengsten. Mit sechs jahren hat es mir bis zum Schuhlanfang recht gut gefallen. Paul Buergi ist von 1960 bis 1965 mein Lehrer gewesen. Er war sehr streng.Wir wurden oft von Ihm geschlagen. Von der Kopfnuss, Ohrfeigen, Haaren ziehenund Stockschlaegen ist alles dabei gewesen. Mit vorliebe hat er uns Buben in’s Ohr gebissen was hoellisch weh getan hat. Wollte als jugendlicher oft davon laufen. Aber wohin? Der Paul Buergi hat seine Macht ueber uns Buben voll ausgenuetzt. Wir konnten uns bei niemanden beschwerden.es haette uns ja keiner geglaubt.

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  7. m-stöckl

    bin als unerziehbarer13 jähriger Besserwisser und Schulschwänzer vom Jugendgericht ins heim verdonnert worden und auf der grube gelandet.erste und einzige ohrfeige in 4 jahren nach nicht einmal einer stunde von bj wegen rauchens auf der Toilette, was man natürlich im ganzen haus gerochen hat.war mir egal.bin nach vier jahren mit notendurchschnit von 5,6 ausgetreten.strenge Erziehung und die arbeit auf dem Feld haben aus mir einen anderen menschen gemacht, im guten sinne!ihr seid doch alle pussies!

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