Ich hatte wieder einmal eine Stunde Zeit übrig und habe mich für einen Besuch im Kunstmuseum entschieden, um die kürzlich eröffnete Sonderausstellung „Made in China“ anzusehen. Die Werke der Künstler, welche jeweils ein halbes Jahr in China gelebt hatten, haben mich nicht gerade umgehauen, aber vor allem die Objekte von Marc Bauer und Ana Roldán haben mir gut gefallen.
Gleich neben der Sonderausstellung werden in einem separaten Ausstellungsraum zur Zeit wieder Berner Gemälde und Altarbilder aus der frühen Neuzeit ausgestellt. Besonders eindrücklich ist die Darstellung der Versuchung des heiligen Antonius von Niklaus Manuel Deutsch, der vor allem für seinen Totentanz und seinen Einsatz als Schriftsteller zu Gunsten der Reformation in Bern berühmt ist.
Die Figur oben rechts erinnert mich stark an das Gemälde „Engel der Feuerstätte“ von Max Ernst, welches ich vor ein paar Wochen in der Fondation de l’Hérmitage in Lausanne gesehen habe.
Weshalb mich diese Bilder im Moment so ansprechen, ist mir nicht klar. Vielleicht rühren sie an denselben Nerv, an dieselben Ängste, welche soviele MitbürgerInnen bewogen haben, am 29. November der unsäglichen Minarettinitiative zuzustimmen. Das Gefühl, grossen aber unfassbaren und damit umso bedrohlicher wirkenden Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft ausgeliefert zu sein und diese nicht beeinflussen zu können. Dunkle, bedrohliche Mächte, welche alles zu zerstören drohen, was einem wert und lieb ist.
Genauer betrachtet besteht aber guter Grund optimistisch zu sein. Die Aufklärung hat einen guten Teil der christlichen Dämonen des Mittelalters vertrieben und der Faschismus wurde von den demokratischen Kräften besiegt. Wir müssen aber auch heute wieder Sorge trage zu den Losungen der französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ und dürfen uns von unseren Ängsten nicht dazu verleiten lassen, die Freiheit von Anderen einzuschränken. Freiheit ist immer die Freiheit der Anderen, hat Rosa Luxemburg die siegreichen Bolschewiki in Russland 1918 wenn auch vergeblich ermahnt. Auch heute würden Verbote von Minaretten, Schleiern oder Burkas oder anderen religiösen Symbolen nur Unfreihheit bewirken und die Probleme und Ängste verdrängen anstatt sie zu lösen. Eine solche Politik untergräbt die Fundamente unserer freiheitlichen Gesellschaft und stärkt lediglich die Fundamentalisten jeglicher religiöser und politischer Couleur. Die immer wieder zu führenden Diskussionen und zu treffenden Entscheide, ob jetzt ein Kind vom Schwimmunterricht dispensiert wird oder an einem religiösen Feiertag frei hat, mögen für die Betroffenen zwar mühsam sein, sie stärken aber schlussendlich unsere Demokratie und unsere Freiheit. Dämonen kann man nicht verbieten, aber man kann sie entlarven, und einmal ihrer Maske entledigt verlieren sie auch an Macht.