Wenn im Kanton Bern über dessen Finanzen diskutiert und geschrieben wird (Beispiel Blog Ordnungspolitik.ch) so wird meistens nur auf das Ausgabenwachstum der vergangenen Jahre hingewiesen, ohne gleichzeitig zu beachten, dass der Kanton von den Gemeinden Aufgaben übernommen und diese entlastet hat (Spitäler, Gymnasien, Berufsschulen) oder vom Bund neue Augaben zugewiesen erhalten hat (z.B. Finanzierung Privatspitäler) oder häufig auch nur als Verteiler von Bundesgeldern ohne eigenen Spielraum agiert (z.B. Landwirtschaftssubventionen). Eine Aussage darüber, ob der Kanton mit den Steuerngeldern sparsam umgeht, lässt sich höchstens im Vergleich mit den Ausgaben anderer Kantone machen. Da die Aufgabenverteilung zwischen Kantonen und Gemeinden aber unterschiedlich ist, muss der Vergleich das jeweilige Total der Kantons- und Gemeindeausgaben berücksichtigen.
Leider ist es gar nicht so einfach an brauchbare Daten heranzukommen. Das Aktuellste, was ich gefunden habe, stammt von der Datenbank badac.ch des IDHEAP, die aber zur Zeit leider nur bis zum Jahr 2007 reicht. Der Grobvergleich des Ausgabentotals von Kantonen und Gemeinden pro Einwohner zeigt, dass sich der Kanton Bern im Mittelfeld bewegt, leicht unter dem Mittelwert aber oberhalb des Medians.
Betreffend Ausgabendisziplin steht der Kanton Bern also grundsätzlich nicht schlecht da, aber man möchte ja trotzdem wissen, woher diese Unterschiede zu den anderen Kantonen kommen, schliesslich gibt es auch Kantone mit wesentlich tieferen Ausgaben pro Einwohner. Die Datenbank badac enthält auch eine prozentuale Aufschlüsselung nach verschiedenen Ausgabenkategorien, welche ich des einfacheren Vergleichs halber auf Ausgaben pro Kopf und Funktion für das Jahr 2007 umgerechnet habe. (siehe pdf)
Der Vergleich zeigt, dass sich der Kanton Bern 2007 mit Ausnahme der Gesundheitskosten entweder im nationalen Mittel bewegte oder dieses sogar deutlich unterbot. Vermutlich würde dieser Vergleich heute immer noch ähnlich ausfallen, aber das ist mangels Daten natürlich Spekulation. Ein wichtiger Grund, dass die kantonalen Gesundheitskosten soviel höher sind als zum Beispiel im Kanton Thurgau, ist sicher das Unversitätsspital. Auch die anderen Kantone mit Unversitätsspitälern (Zürich, Basel, Waadt und Genf) haben deutlich höhere Gesundheitskosten als der Durchschnitt. Ein möglicher weiterer Grund ist die vergleichsweise grosse Anzahl von Spitälern im Kanton Bern, welche einerseits mit der grossen Fläche des Kantons zu erklären sind aber natürlich auch mit regionalpoltischen Rücksichten. (Daten als pdf)
Die Regierung hat am Donnerstag Herrn Professor Urs Müller den Auftrag erteilt, den Kantonshaushalt nach Sparmassnahmen zu untersuchen. (Pressemitteilung). Das finanzielle Gleichgewicht ging verloren, weil dem Kanton vom Bund kostspielige Aufgaben übertragen und gleichzeitig die Steuern im Kanton gesenkt wurden. Da der Kanton Bern wie oben ersichtlich auch in der Vergangenheit haushälterisch mit seinem Geld umgegangen war, nehme ich nicht an, dass Herr Müller wird Massnahmen vorschlagen können, welche nicht auch den Bürgern des Kantons weh tun. Im besten Fall wird man auf den Bau von ein paar Strassen verzichten, was angesichts der bürgerlichen Mehrheit im Grossrat aber alles andere als sicher ist.
Wenn anlässlich der Volksabstimmung vom 23. September 2012 weitere Steuergeschenke beschlossen werden, wird sich die Schliessung von weiteren Spitälern und der Abbau von Unterrichtsstunden an der Volksschule kaum vermeiden lassen. Ohnehin sieht der Budgetvorschlag 2013 bereits drastische Sparmassnahmen vor, wie z.B. Einsparungen von 20 Millionenbei den Ergängzungsleistungen und Krankenkassenprämienverbilligungen , was vor allem Haushalte mit sehr kleinem Einkommen trifft. Zu behaupten, der Kanton könne die Steuern senken und dies problemlos über Ausgabensenkungen kompensieren ist schlicht unredlich.