Als Weihnachtsmärchen 2013 hat das Stadttheater Bern Tilde Michels Geschichte „Kleiner König Kalle Wirsch“ ausgewählt. Ich kenne die Geschichte zwar nicht, aber der Programmtext klingt vielversprechend und nach der wunderbaren Inszenierung der „Die drei Räuber“ im vergangenen Jahr, war der Rest der Familie sofort einverstanden, dass ich auch dieses Jahr Karten für die Premiere des Weihnachtsmärchen kaufe. Erfreulicherweise bewegen sich die Billetpreise immer noch im Rahmen eines Kinoeintrittes, was den Theaterbesuch auch für Familien erschweinglich macht. Bis zur Premiere am 1. Dezember dauert es zwar noch ein Weilchen, aber man die Karten nie zu früh reservieren.
Nachtrag vom 1. Dezember 2013: das Publikum an der Premiere im mehr oder weniger ausverkauften Stadttheater war begeistert und macht dies mit einem verdienten, lang anhaltenden Applaus deutlich. Die Inszenierung ist sehr kurzweilig und die fast zwei Stunden (mit einer Pause) gehen wie im Flug vorbei.
Wie jedes Kind weiss, haust unter der Erde das Volk der Erdmännchen. Seit 1000 Jahren wird es gut und gerecht von Kalle Wirsch regiert, Herrscher über die Stämme der Wolde, Trumpe, Wirsche, Gilche und Murke. Zur Zeit hat Kalle Wirsch allerdings allen Grund, etwas unwirsch zu sein, denn ihm wird der Thron streitig gemacht. Zoppo Trump, Stammesfürst der Trumpe, fordert Kalle Wirsch nach alter Erdmännchensitte zum Zweikampf, der drei schwierige Aufgaben umfasst: einen Stein mit der Hand durchstossen, einen Kristall zum Wachsen bringen und den Gegner durch blosse Gedankenkraft schrumpfen lassen.
Doch da Pünktlichkeit die Höflichkeit der Könige ist, besagt das alte Erdmännchengesetz folgendes: Erscheint der Throninhaber zu spät zum Zweikampf auf der Erdmännchenburg, fällt die Krone kampflos an den Herausforderer. Diesen Umstand will sich Zoppo Trump zunutze machen, der nicht nur fies, sondern auch feige ist. Mit der Hilfe seines Kumpans, einer Ratte, stellt er Kalle Wirsch eine Falle nach der anderen – in die jener eine nach der anderen nicht hineinfällt. Pünktlich erscheint Kalle Wirsch auf der Erdmännchenburg, und der Zweikampf beginnt.
Der kleine König, der ein grosser (wenn auch etwas grummeliger) Herrscher ist, stammt von der deutschen Kinderbuchautorin Tilde Michels (1920 – 2012). Berühmt wurde Kalle Wirsch als Marionette der Augsburger Puppenkiste, einem grossen Publikum bekannt durch die Verfilmung des Marionettentheaters durch das deutsche Fernsehen im Jahre 1970. Diese Verfilmungen lassen noch heute kleine (und grosse) Kinderherzen höher schlagen. Für Kinder ist es eine Geschichte zum Mitfiebern, für Erwachsene zum Lachen. Die grossen Konflikte eines Königsdramas spielen sich hier im Kleinformat ab: Gut gegen Böse, Hinterlist gegen Ehrlichkeit, Opportunismus gegen Freundschaft. Bloss, dass im Kinderstück am Ende das Böse auf ein unschädliches Format zurechtgeschrumpft wird.