Ein Parteienvergleich in einem Blogartikel von zoon politicon basierend auf smartvote hat mich etwas provoziert (im Sinn von angeregt nicht im Sinn von geärgert).
Meiner Meinung stehen sich FDP/BDP und SVP im konkreten Abstimmungsverhalten viel näher als man gemäss der smartmap annehmen würde. Im politischen Grossratsalltag sind die Unterschiede zwischen den drei bügerlichen Parteien in vielen wichtigen Fragen nämlich recht klein. Das hat sicher damit zu tun, dass FDP und BDP Angst haben, rechts-konservative WählerInnen an die SVP zu verlieren. Möglicherweise auch damit, dass verschiedene von Smartvote gestellte Fragen die nationale Ebene betreffen und im Grossrat gar nicht debattiert werden (z.B. Freihandel).
Die EDU hätte ich in der Realität sogar etwas mehr links verortet, da sie gerade in der Familienpolitik durchaus unterstützt, dass der Staat etwas tiefer in die Tasche greift.
Fazit: die smartmap zeichnet wohl ein etwas idealistisches Bild, dass nicht ganz dem politischen Alltag entspricht. Als Bestätigung dieser These kann vielleicht auch die smartmap dienen, welche nur die Positionen der bisherigen KandidatInnen zeigt, welche kaum auf den extremen Positionen platziert sind (vor vier Jahren war ich selber zwar noch auf einer Extremposition, aber leider habe ich kein Bild mehr von damals). Die Bisherigen finden sich eher in der Mitte ihrer eigenen Parteien. Die politische Mitte ist im Gegensatz zu obigem Bidl dagegen fast leer und wird nur von ein paar EVP-GrossrätInnen besetzt, ein Bild, das allerdings durchaus der Realität in Grossrat entspricht.
Das wäre doch vielleicht ein interessantes Forschungsthema für Studenten, die Gewählten bzw. deren Parteien anhand ihres Abstimmungsverhaltens auf der Smartmap zu positionieren. Manchmal ist aber vielleicht schwierig zu defnieren, was links und was rechts ist. Wenn man einer finanziellen Unterstützung des Staates zu Gunsten des Flughafens Belpmoos zustimmt, ist das nun linke ode rechte Politik (Arbeitsplätze vs. Umweltschutz, Subventionen vs. Eigenverantwortlichkeit)?
Der Witz von smartvote ist gerade, dass nicht eine einzelne Position über links oder rechts entscheidet, sondern das gesamte Bild. In der Praxis orientiert man sich vielleicht eher an den Extremen, die die fallen auf, bleiben haften, während der Durchschnitt untergeht. Smartvote funktioniert genau umgekehrt.
Die Frage aber ist berechtigt, ob Kandidierende und Gewählte übereinstimmen oder nicht. Und: Ob Gewählte und Fraktionen mit ihren Meinungsführern identisch sind.
Ich denke, dass es hier Unterschiede, Zwischentöne gibt. Mehr, als in der politischen Debatte, die auch vom Kampf um Mehrheiten geprägt ist.
Wenn man das smartvote-Bild für den Kanton Bern mit dem anderern Kantone oder Städte vergleicht, fällt einem zum Beispiel auf, dass die Parteigrenzen recht fliessend sind, das ganze Spektrum recht gut abgedeckt ist, und die Tendenzen zu Bi-Polarisierung der Politik geringer ist. Das liesse auch wechselnde Koaltionsbildung möglich werden, wenn man sich richtig verhält.
Herr Jenk, ich legen Ihnen einen Besuch auf http://www.parlamentsspiegel.ch nahe. Diese Webseite wertet das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier in National (und soweit ich weiss auch Ständerat) aus. Auch dort zeigt sich dass die Mitte und teils auch die Rechte eine grössere Varianz aufweist als die Linke. Soweit ich weiss basiert die dortige Karte (anders als diejenige von Smartvote wie die Fragen manuell auf die Achsen abgebildet werden) auf die mathematische Methode der Hauptachsentransformation, ist als nicht zu beanstanden. Die Meinungsvielfelt der Linke scheint damit entgegen deren Selbstbild also toleranterer Flügel der Politik doch sehr, err, homogen zu sein.